Liebe[n] und Tod[e] 
In seinen Erzählungen führt uns Michael Reicherts in Labyrinthe des Liebens und Verlierens, der Sehnsüchte und der Suche nach dem anderen. Wir erfahren von den Überraschungen und der Endlichkeit unserer Begegnungen – und des Lebens. Wir lesen vom Verirren in einer Körperlandschaft, einem Doppelleben in Erinnerungen, vom Kampf eines Jungen an der Seite seines Ameisenvolks, von einer Höhenwanderung in die Vergangenheit, prall von ungelebtem Leben – oder von einer Liebe über den Tod, die in den Gedichten einer Trauernden und eines Fremden auf einem frischen Grab Gestalt annimmt... 
Die meisten Erzählungen gipfeln in der Begegnung zweier Menschen. Sie bringen Grenzsituationen zum Ausdruck, die aufwühlen, verwirren und verwandeln können – und an denen man scheitern und wachsen kann. Ihre Entwicklung und ihre Auflösung verwenden unterschiedliche Erzähltechniken: Rückblenden, Doppelperspektive, Verschachtelung der Erzählstränge und Überlagerung des Beobachteten, des Erinnerten und des sich gerade entrollenden Geschehens – mit teils überraschenden Wendungen. Die Erzählungen beinhalten Gefühle des Erschreckens und der Trauer über den Verlust von Beziehungen, der Einsicht in ihre Einzigartigkeit, verbunden mit Neugier, Hilflosigkeit oder der Hoffnung auf einen möglichen Neubeginn. 
Die Erzählungen sind wie ein Versuchsraum, in dem emotionale und soziale Extremsituationen erkundet, mögliche Antworten erprobt und in eine sprachliche Gestalt übersetzt werden. Sie sind psychologischer Genauigkeit verpflichtet und ihre emotionale Intensität ist bisweilen wie eine Operation am offenen Herzen.
Leserstimmen
“Die Geschichten von Michael Reicherts schlagen den Leser intensiv in Bann. Die Subtilität und Tiefe der auftretenden und sich begegnenden Persönlichkeiten ist zugleich berührend und wieder und wieder aufrüttelnd, gar aufschreckend: im Verbund mit den je eigenen Konstruktionsprinzipien der Stories und auch überraschenden Wendungen werden Leser und Leserinnen aus üblichen Erwartungen herausgerissen und in existentielle Grenzsituationen und Wendungen geführt. Inhaltlich fesseln die Geschichten mit ihrer Menschlichkeit und Hoffnung (eben den ‘Lieben’), aber auch ihrer Konfrontation mit Scheitern und Endlichkeit (den ‘Toden’) und der damit verbunden Trauer. Sie erzählen von überraschenden, merk-würdigen, wunderbaren, erschreckenden, scheiternden und endenden, aber immer einzigartigen Beziehungen. Die Protagonistinnen und Protagonisten werden einerseits von hoffnungsvollen Erwartungen und Neugier, sorgender Näherung und bedrohter Nähe, intellektuellen Feuerwerken, schöpferischen Aktivitäten und aufflammenden liebenden, auch erotischen Gefühlen mitgerissen. Immer wieder sickert ein, dass ihre berührenden Beziehungen mit ihren Umständen je schon immer ‘kontaminiert’ sind, durch Vorbelastungen, durch aufflammende Konflikte und fortwirkende Traumatisierung, durch herzzerreißende Kontaktsuche, durch tragische Verstrickungen.”
Helmut Pauls, Berlin

“Es sind alltägliche Situationen. Mutter und Sohn sitzen in einer Brasserie. Ein Mann und eine Frau begegnen sich auf einer Hochebene. Vordergründig, auf den ersten Blick, ist das nichts Besonderes. Die Erzählungen nehmen mich aber schnell mit in den Mikrokosmos menschlicher Beziehungen. In ‘Verschränkte Dialoge’ erfahre ich mehr über den ‘verlorenen Sohn’ und seine ihn verzweifelt liebende Mutter, die spürt, dass sie ihn verlieren wird. Die Geschichte besticht nicht zuletzt durch den Wechsel in die Ich-Perspektive. Am Ende wird der Erzähler von seiner eigenen Fiktion (oder Realität?) eingeholt. Hält er sich in seiner neutralen Beobachterrolle versteckt? Unmöglich im eigenen Liebesdialog!  
So alltäglich die Situationen sind, so inhärent ist ihnen oft die Tragik. Das Motiv des Abgrunds unterstreicht in einigen Geschichten, dass es immer wieder um Grenzsituationen geht, die tragisch enden können. Zur Tragik gesellt sich manchmal der Trost. Eine der schönsten Geschichten ist für mich ‘Der Himmel über der Greina’. Die Begegnung auf der Hochebene wird einfühlsam und scheinbar ohne jede Dramatik erzählt. Der Verlust des Kindes, die behutsame Annäherung zwischen zwei Fremden, das tröstliche Ende des Tages. ‘Staub’ ist für mich die eindrucksvollste Erzählung. Nicht nur weil sie – wie fast alle Geschichten – auf unerwartete Weise endet, sondern weil das Ende ebenso fantasievoll wie skurril anmutet: Was wird eine Künstlerin mit der Asche des toten Geliebten machen?  
Jede Geschichte ist spannend bis zum Schluss. Es ist eine hohe Kunst in einer kurzen Erzählung über wenige Seiten den Spannungsbogen aufzubauen und ihn bis zum letzten Satz zu halten. Das ist hier gelungen. Die Themen um Liebe[n] und Tod[e] werden sehr umfänglich, nuancenreich und mit genauer Beobachtung ausgeleuchtet. Weil das sehr wortmächtig geschieht und mit Sprache spielerisch/experimentell umgegangen wird, ist die Lektüre ein außerordentlicher Genuss.”
Peter Zander, Wien

“Liebe[n] & Tod[e] beschert Überraschungen, zeichnet subtile und teilweise gern tabuisierte Facetten des Zwischenmenschlichen. Die ‘Verschränkten Dialoge’ verschränken kunstvoll gelungen verschiedene Aktorebenen, die den Schreibenden einschließen. Auch die Handlungsorte finde ich ansprechend. ‘Tod und Teufel’ sind für mich im Buch als Todesvariante neben anderen ‘Toden’ eine markante katholische Todesvignette. Sie lässt in die verzauberte Welt mit Gott und seinen Dämonen einer katholischen Vergangenheit blicken. ‘Ein Kuss, endlich’ eine subtile Liebesgeschichte der Abgründe und Tragik im Geschlechterkampf – und ‘Letzte Näherung’ überrascht mit einer brüsken Wendung: Psychoanalytiker werden am Ärgernis, dass Abwege zu Erkenntnis führen können, keine Freude haben…”
Meinrad Perrez, Fribourg

“Der Schreibstil ist ein Brillantfeuerwerk an Wörtern und Wortkonstellationen. Eindrucksvoll ebenfalls der Facettenreichtum zwischenmenschlicher Beziehungen. Durch die messerscharfe und fantasievolle Beschreibung der Personen (äußerlich und ihr Innenleben betreffend), ihrer Handlungen und Umgebungen entsteht im wahrsten Sinne richtiges Kopfkino…” 
Werner Haubrich, Bingen

“Ich habe das Buch mit großer Faszination gelesen – der fulminante Einstieg der ersten Geschichte (‘Verschränkte Dialoge’), mit ihren gespiegelten und verwobenen Situationen, hat mich gleich in den Bann gezogen. Und das gilt erst recht für das Crescendo zum Ende des Bands: für mich gehören die drei letzten Erzählungen (‘Viola und der Regenbogen’, ‘Beute’ und ‘Liebe über den Tod’) zu den stärksten des Buchs, dazu die eindringliche Sarah-Juan-Larnacq-Episode (‘Letzte Näherung’) mit ihrem Kontrast zwischen echtem Trauma und ‘tau’…” 
Hartmut Wittig, Mainz

"C’est avec Viola und der Regenbogen que j’ai vraiment accroché : comme les personnages sont dévoilés entre réalité et fiction maternelle, comme le style est concis, la construction implacable. Ensuite, tout s’est enchaîné et c’est avec gourmandise que j’ai découvert Ein gewisses Etwas et Verschränkte Dialoge. J’ai beaucoup aimé Liebe über den Tod, la légèreté du style, sa variété comme sa poésie. Je me suis attaché à son héros et ce qu’il imagine sur Isis/Isa et Alex. J’ai eu envie de croire à son histoire et j’ai rêvé d’une rencontre fulgurante entre le poète enamouré et l’insaisissable veuve…"
Robert Matathia, Fribourg

“Labyrinthe des Liebens - Keine banalen Strickmuster des Schicksalhaften in Michael Reicherts Erzählband ‘Liebe[n] & Tod[e]’
Das Besondere, das Michael Reicherts, Professor der Psychologie, in seine zwölf Erzählungen von der Liebe und vom Tod packt, ist vielfältig und in jedem Fall als etwas zutiefst Menschliches erkennbar. Bestechend ist seine Genauigkeit in der Beobachtung… Um welche Liebe(n) geht es? Um die bei Paaren, langjährigen Freundinnen und Neu-Bekanntschaften, zwischen Eltern und Kindern, zwischen Geschwistern, um enttäuschte Liebe und jene, die über den Tod hinaus die Seele beschäftigt. Der Titel des Buches wird mit eckigen Klammern geschrieben: Liebe[n] & Tod[e] – eine Andeutung dafür, dass hier ungewöhnliche Herausforderungen für das Vorstellungsvermögen lauern. Hier lässt ein Junge aus Eifersucht eine Heerschar von Ameisen auf seine pubertierende Schwester los – mit nicht revidierbaren Konsequenzen; eine Künstlerin stellt mit großem Erfolg ‘eigentümlich leuchtende’ Acryl-Gemälde aus, denen Fantasien mit ihrem Liebhaber über die Verwendung von Asche aus Urnen vorausgegangen waren. Zuweilen beginnt es ganz harmlos – wie die Perspektive von Kindern bei einer Trauerfeier, die unter dem Tisch kauern und Beine beobachten. Anderes lässt schon von vornherein vermuten, dass etwas ins Abstruse zugespitzt wird – wie in einer Episode mit den Liebesbriefchen auf dem Friedhof. Fürsorge, Respekt, Mitleid, Ekel, Begehren – das Spektrum der Empfindungen und Begegnungen ist breit… Man kann sich jedoch darauf verlassen, hier nichts Banales aufgetischt zu bekommen – keine Schicksale, eher Schicksalhaftes… Die Grundthematik ist Begegnung; wie ist Nähe herstellbar, wie lassen sich Nähe und Distanz – je nach Charakteren – verträglich regulieren. Liebe, deren Wandelbarkeit sowie Vergänglichkeit spielen ebenfalls eine zentrale Rolle… Die Erzählweise ist durchwirkt von Rückblicken, Verflechtungen, Szenenwechseln, Sinnlichem und Analytischem. Teilweise mutet das kompliziert an, gleichzeitig ist es aber raffiniert, was den Geist herausfordert…”
Renate Schauer, in Literaturkritik.de